Malta: Ein schachlicher Reisebericht

Malta: Ein schachlicher Reisebericht

Gerade in der mir verhaßten letzten Jahreszeit
sitzt mir der Süden im Genick. Daher fiel der Entschluß, der kurzfristigen
Anfrage meines Trainerkollegen und guten Freundes, Hannes Sucher, die im
Mittelmeer gelegene Insel Malta zu besuchen um dort ein internationales Open zu
bestreiten nachzukommen, leicht. Auf dem Eiland angekommen steigt einem bereits
der Meeresduft in die, der Kälte im Heimatland geschuldeten, verschnupfte Nase.
Diese Wölbung der Luft schien sich positiv auf die Kreativität meines
Mitreisenden auszuwirken, er spielte, soviel sei vorweggenommen, ein
fantastisches Turnier, doch bevor ich näher auf sein schachliches Feuerwerk
eingehe möchte ich die für ein derartiges Resultat notwendigen
Rahmenbedingungen beschreiben. Gemeint sind hier vor allem die täglichen teils
abenteuerlichen Unternehmungen, welche die erforderliche geistige Freiheit bedienen.
Neben dem Besuch Vallettas, wo wir auf der Suche nach dem malerischen
Fischerhafen dem Kern der maltesischen Hauptstadt und somit dem kulturellen
Erbe der Insel erfolgreich aus dem Weg gingen und statt dessen den
sirenenartigen Klängen einer enormen Baustelle lauschten, war die Besichtigung
der nördlich von Malta georteten Insel Gozo einer der Höhepunkte der Reise. Die
Wanderungen in unmittelbarer Küstennähe führten uns zu einem romantischen
Restaurant in einer spektakulären Bucht. Nachdem wir dort Fische verspeisten
die wir zuvor selbst auswählen durften (Entwarnung für Tierschützer: Die
Viecher waren schon tot als sie uns präsentiert wurden), setzten wir die Suche
nach den berühmten Klippen und den mysteriösen neolithischen Spuren fort. Ebendiese
Suche war im wahrsten Sinne des Wortes kein Spaziergang und führte uns über
felsige Hänge und durch sonnendurchflutete, weite Wiesen. Schlußendlich
erreichten wir unser fernab jeglicher Zivilisation gelegenes Ziel und kamen um
17 Uhr mit der Fähre wieder in Malta an. Das Problem war allerdings, dass die
Partie zu diesem Zeitpunkt anfing und wir nur noch eine halbe Stunde hatten (dies
ist die Kontumazzeit) um die Uhr zu drücken und den ersten Zug auszuführen. Um
17:29 erreichten wir in Bugibba, dem Spielort, das Topaz Hotel, welches sowohl
Unterkunft als auch Spiellokal war und begannen die Schlacht auf 64 Feldern
just in time. „Glück macht durch Höhe wett was ihm an Länge fehlt“ (Robert
Frost). Anstatt für unser applauswürdiges Timing mit zwei vollen Zählern belohnt
zu werden, wird unserer Euphorie durch „grauslige“ Partien ein jähes Ende
bereitet. Dieses schwarzweiß karierte Debakel sollte allerdings einer der
wenigen Dämpfer für den routinierten Schachtrainer Hannes Sucher bleiben. Nach fünf
Siegen gegen Schachkollegen aus England, Wales, Dänemark, der Schweiz und
Malta, die alleine schon beeindruckend wären, gelang ihm am letzten Turniertag
eine Sensation. Nachdem er den ungarischen Internationalen Meister Pal Kiss
staubtrocken abremisierte gelang ihm am Abend desselben Tages (an zwei Tagen
wurden Doppelrunden veranstaltet) seine höchsteigene Michelangelo – Skulptur
einer Schachpartie, ein mehr als sehenswerter Sieg gegen den russischen IM
Pavel Shkapenko. So gelang es dem auf Rang 26 gesetzten Ex-Vorarlberger
(mittlerweile von Tirol annektiert) die sonst für Titelträger reservierten Top
– Ten zu infiltrieren. Eine ähnliche Überraschung blieb mir verwehrt. Mit dem
47ten Rang erfüllte ich zwar die Erwartung (und zwar auch noch ganz genau),
doch grinste mich einmal mehr die häßliche Fratze der Mittelmäßigkeit an.



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