Nun wollte ich meinen Bericht mit einer Beileidsbekundung an die Teilnehmer der Staatsmeisterschaft beginnen, schließlich steht die verschlafene Gemeinde Tschagguns nicht unter Verdacht eine Metropole des österreichischen Bundesstaats zu sein, doch fiel es mir vor wenigen Tagen wie Schuppen von den Augen: Die brillianten Ballkünstler aus Spanien trainieren im Montafon, eine bessere Ablenkung von den zum Teil doch sehr anstrengenden Partien einer Staatsmeisterschaft kann ich mir persönlich kaum vorstellen. Zwar würden sich Xavi, Iniesta und co. (den verdammten Torres hab ich immer noch nicht live in Aktion bewundern dürfen, nur zweimal auf der Ersatzbank) einen umfangreicheren Lobgesang verdienen, doch trifft dies zu zumindest gleichen Teilen auf unsere Vertreter der Tiroler Schachschule zu, die sich mit den besten Spielern und Spielerinnen Österreichs messen durften.
Stefan Leitl und Chiara Polterauer haben sich für den wohl wichtigsten Event des Jahres aus Sicht eines jungen Schachspielers (auf weiteres „Gendern“ wird an dieser Stelle verzichtet, ich hoffe unsere teilnehmende Dame verzeiht es mir) qualifiziert. Nicht viele österreichische Zocker können von sich behaupten die Teilnahme an den Bundeseinzelmeisterschaften jemals erreicht zu haben. Diese Leistung allein wäre schon applauswürdig, doch konnte sich vor allem unsere Karatekämpferin zusätzlich mit Ruhm bekleckern (dies soll Stefans Leistung in keiner Weise schmälern). Chiara war als Nummer sechs gesetzt und erreichte schlussendlich sogar den hervorragenden fünften Platz. Nach ihrem Erstrundensieg gegen die Steirerin Selina Raith feierte sie in Runde zwei sogleich ihren wohl größten Triumph in diesem Turnier, den vollen Punkt gegen die favorisierte Magdalena Mörwald, welche sie schlussendlich auch hinter sich lassen konnte. Nach diesem Blitzstart musste sich die ambitionierte Tirolerin den beiden Elo-Riesen dieser Konkurrenz stellen. Die Sensation blieb aus. Jasmin-Denise Schloffer und Venla Lymysalo sollten später Platz eins und drei belegen, folglich ist es alles andere als eine Schande gegen diese Mädels zu verlieren. Umso bemerkenswerter ist der Kampf zurück an die (erweiterte) Spitze. Sie gewann Runde fünf gegen die Lokalmatadorin Matea Martic, remisierte gegen die elostarke Wienerin Alexandra Busuioc und rundete ihr bemerkenswertes Turnier mit einem Salonremis gegen Juliane Halwachs ab.
Stefan nahm zum ersten Mal an einer derartigen Konkurrenz teil und blieb jedenfalls nicht punktelos. In einem extrem starken Teilnehmerfeld konnte er zwar nicht um die Spitzenplätze mitkämpfen (dies wäre by the way eine absolute Sensation gewesen), doch zählt beim ersten Antritt sowieso zuvörderst der olympische Gedanke. Der talentierte Stefan hat mit seiner ausgereiften Kombinatorik bestimmt den einen oder anderen Routinier Nerven gekostet.
Mit den Worten vom großen Borat: great success!